Instrumente mit Zungen sind sehr, sehr alt. Etwa 3 000 Jahre, um präziser zu sein. In dieser antiken Zeit gab es in China schon die Sheng, bei der man die Zungen mit dem Mund anblies. Also ähnlich wie bei der Mundharmonika.
Das Akkordeon hingegen ist sehr jung: erst im 19. Jahrhundert wurde sie in Europa erfunden. Und zwar als Weiterentwicklung der Sheng. Für die Musikgeschichte war es ein Meilenstein, dass ein Akkord beim Schließen und Öffnen eines Balgs erzeugt werden konnte. Im Laufe des Jahrhunderts vergrößerte sich die Anzahl der Tasten, was das Spielen der kompletten chromatischen Tonleiter ermöglichte (was später für das Bandoneon Instrument sehr wichtig war).
Akkordeons wurden als Orgelersatz erfunden, da manche Kirchen keine Orgel hatten. Die Erfindung der Knopfakkordeons (Konzertinas) trieben deutschen Instrumentenbauer wie Uhlig und Carl Friedrich Zimmermann aus Carlsfeld voran.
Zimmermann wanderte 1864 in die USA aus, verkaufte vorher aber seine Firma an seinen Betriebsleiter Ernst Louis Arnold. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden seine beiden Varianten Premier und ELA ins prosperierende Argentinien exportiert. Deutsche Einwanderer brachten es aus ihrer Heimat mit. Deutsche unterhielten Menschen anderer Nationen auch auf Schiffen mit ihrem Spiel. Heute ist das Bandoneon Instrument in der BRD weitgehend unbekannt.
Die schon ein paar Jahre länger lebenden Menschen in Argentinien, die meist südeuropäischer Abstammung waren, „gewöhnten“ sich an die Klänge des Instruments. Nicht alle waren hellauf begeistert, aber deutschstämmige sind stolz darauf, dass ein Stück deutsche Instrumentenbau-Kunst in den Tango gefunden hat. Zunächst empfand man es als zu tief für den Tango. Zur Verbreitung trug sicherlich bei, dass es orgelähnliche Töne erzeugt. Denn auch in Argentinien sind Orgeln in katholischen Gotteshäusern verbreitet. Tatsächlich lassen sich aber fast nur Argentinier mit spanischen oder italienischen Nachnamen finden, die zu den besten Bandoneon-Spielern zählten.
Zimmermann stellte Knopfakkordeons mit 70 Tasten her. Damit das Bandoneon Instrument nicht einfach wie eine Kopie der Konzertina dastand, fügte man da noch eine weitere hinzu. Heutige argentinische Tango-Modelle haben bis zu 140 Tasten, können also bis zu 280 unterschiedliche Töne erzeugen! Das wären mehr als 13 Oktaven auf der chromatischen Tonleiter…
Das Bandoneon Instrument soll in den 1840ern vom Musikpädagogen Heinrich Band erfunden worden sein. Der Begriff „Bandoneon“ tauchte erstmals in den 1850ern auf, vor allem im Rheinland sagte man zum Knopf-Instrument jedoch bevorzugt „Bandonion“. Doch egal, ob Bandoneon oder Bandonion: der Begriff „Konzertina“ war außerhalb von Bayern aus der Mode zu kommen und alle verwendeten den B-Begriff, wenn sie von einer Knopf-Ziehharmonika ohne Tasten sprachen. Heinrich Band begriff das schnell und warb mit dem Namen – also quasi seinem eigenen. Denn er hat ja den Begriff „Akkord“ einfach mit „Band“ ersetzt.
Auch Bands Sohn Alfred beschäftigte sich mit dem Bandoneon Instrument und schrieb ein umfassendes Hilfswerk dafür.
Zimmermann stellte viele Modelle her. Der Sohn von Ernst Louis Arnold und seine Witwe verkauften Exemplare in großer Stückzahl nach Argentinien. Sie verkauften auch im Inland viele ihrer Instrumente. Vorangegangen war ein starker Ausbau des Unternehmens seit Ende des 19. Jahrhunderts. Die Arnolds besaßen mehrere Verkaufshallen in Carlsfeld. Bis zum Ausbruch des Zweiter Weltkriegs wurden mehr als 30 000 Bandoneons von Arnold nach Argentinien exportiert! Einzelne Personen sollen bereits ab 1870 Bandoneon in Argentinien gespielt haben.
Carl Zimmermann musste derweil nicht exportieren, setzte 1864 einfach seine Produktion in Amerika fort und verkaufte es an irische Einwanderer, die vom Bandoneon Instrument fasziniert waren.
Die sozialistische DDR riss 1948 die Firma Arnold an sich und produzierte bis 1964 Bandoneons weiter, aber in viel geringerer Zahl. Aber nicht in der Carlsberger Werkstatt, die wurde gleich in eine Dieselmotor-Fabrik umgewandelt. Das war auch naheliegend, da Arnold für die Herstellung seiner Instrumente Erdöl benötigte.
Der Urenkel von Ernst Arnold, Horst Arnold, verließ 1950 die DDR beschäftigte sich in Westdeutschland mit der Reparatur von Bandoneons. Es schien nicht so glänzend zu laufen, da nach seinem Tod 1971 kein Nachfolger gefunden werden konnte. Die Firma wurde gleich dichtgemacht. Vielleicht stand das aber auch in seinem Testament.
Der Cousin von Ernst Arnold baute in Westberlin Bandoneons. Obwohl diese aus besonders hochwertigen Materialien hergestellt wurden, lief das Geschäft nicht mehr so gut.
Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, wer das Bandoneon Instrument tatsächlich erfunden hat. Als Kandidaten können wir Band oder Zimmermann nennen, da sie die ersten waren, die es in größerer Stückzahl herstellten. Gegen diese Vermutung spricht, dass keiner von beiden das Instrument patentieren ließen. Ein Patentrecht gab es in Deutschland damals noch nicht, aber es war in Nachbarländern meldete es auch keiner als Erfindung an.