Oktavin: Eine Mischung aus Klarinette, Oboe, Saxophon und Fagott
Die Form des Oktavin erinnert an ein Fagott. Allerdings ist das linke Rohr länger als das rechte. Im Gegensatz zum Saxophon besteht das Instrument aus Holz. Es wurde erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erfunden. Weshalb es kurze Zeit danach keine Beachtung mehr fand, erfährst du in diesem Artikel.
Allgemeine Infos zum Instrument: Technische Daten und Design
Das Oktavin, in den meisten Sprachen eher bekannt in der Schreibweise Octavin, ist ein Holzblasinstrument mit Einfachrohrblatt. Es besitzt eine Länge von etwa 40 Zentimetern, mit zwei parallelen Rohren. Es ist in der Stimmung B gehalten, wenig Modelle auch in F oder C. Eine einheitliche Notation ist nicht vorhanden, da nur wenige Komponisten Werke für das Oktavin geschrieben haben.
F- und B-Modelle sind transportierbar, das C wird dann als F oder B gespielt.
Der Tonumfang reicht vom dritten zum sechsten G, in der C-Stimmung auch vom ersten A bis zum dritten F. Fast genau drei Oktaven. Die Tonhöhe lässt sich durch die 15 Klappen bestimmen, die allesamt an der Vorderseite angeordnet sind. Von der Tonlage her ist das Oktavin ähnlich hoch wie das Sopranosaxophon, nach dem Sopranino-Modell das zweithöchste Saxophon. Schriftliche Aufzeichnungen berichten von einem Bass-Oktavin, dessen Herstellung geplant war. Es ist jedoch keines bekannt. Vielleicht finden wir auf einem alten Dachboden irgendwann einmal ein solches Exemplar?
Das Oktavin ist mit der Klarinette und dem Saxophon vergleichbar. Generell ist es konischer wie die Klarinette, aber nicht so sehr wie das Saxophon. Die Klarinette hat auch einen zierlicheren Schalltrichter als das Oktavin.
Das Instrument hat einen zusammengeklappten Korpus. Vom Mundstück aus geht es gerade nach unten, ehe das Rohr eine Biegung um 180 Grad macht und in die entgegengesetzte Richtung bis zum metallischen Schalltrichter weiterläuft. Der Schalltrichter ist zur Seite hin gebogen, leicht nach oben. Damit ähnelt die Form des Instruments dem eines Fagotts. Mit dem Unterschied, dass der Schalltrichter aufgerichtet unter dem Mundstück liegt. Beim Fagott ist es umgekehrt herum.
Der Mundstück-Ring besteht idealerweise aus hochwertigem Gummi. Sehr hart und spannabhebend. Achten Sie beim Kauf auf einen hochwertigen, silbrigen Schalltrichter. Manche Trichter bestehen auch aus Messing.
Für die Herstellung eines Modells wird hochwertiges Holz verwendet (außer für die Klappen und den Schalltrichter).
Beim Oktavin liegt das Mundstück höher als der Schalltrichter, beim Fagott niedriger.
Linkes Foto: Ein Oktavin vom Auckland Museum, Neuseeland. Lizenz: CC 4.0.
Von wem wurde das Oktavin erfunden?
Von Deutschen, genauer gesagt Vogtländern. Der ursprüngliche Erfinder hieß Julius Jehring. Der Musiker aus Adorf fertigte sein Oktavin 1883 an.
Doch Franz Oscar Adler und Hermann Jordan aus der benachbarten Gemeinde Marktneukirchen bekamen im Herbst 1893 das Patent für das seltene Instrument. Ersterem fiel anscheinend die Bezeichnung „Oktavin“ ein.
Adler und Jordan holten sich gleich noch ein britisches Patent. Eine gute Idee, wenn man bedenkt, dass sie das deutsche bereits 1897 wieder verloren. Wir wissen nicht, warum. Vielleicht legte Jehring Einspruch ein oder die Patentfirma erkannte die Bedeutungslosigkeit des Instruments. Adler & Co. hörte dann auch mit der Herstellung auf und baute endlich Saxophons. Sie brachten 1901 das erste Saxophon aus deutscher Produktion auf den Markt!
Adler & Co. war eine Instrumentenfirma, die dem Vater Frans Oscars gehörte und von dessen Vater gegründet wurde. Sie bauten auch Klarinetten, Querflöten, Fagotte und einige Oboen. Kein Wunder, dass das Oktavin als Kompromiss zwischen Oboe und Klarinette angesehen wird. Die Qualität der Adler-Instrumente schwankte stark, doch das war Absicht. Sie wollten zwar hochwertige Instrumente herstellen, doch Holzblas-Modelle auch an Menschen verkaufen, die nicht so viel Geld hatten.
Heutzutage stellen die Gebrüder Mönning – Oscar Adler & Co. keine Saxophone mehr her. Heute fokussiert man sich wieder, wie im 19. Jahrhundert, ausschließlich auf Holzblasinstrumente: Fagott, Klarinette, Oboe. Das Oktavin spielt überhaupt keine Rolle mehr.
Dennoch ist ein Oktavin-Exemplar im Museum Marktneukirchen / Vogtland ausgestellt.
Der Grund für die Erfindung des Oktavins war der starke Nationalismus, der gegen Ende des 19. Jahrhundert weiter an Fahrt aufnahm. Adolphe Sax hatte schon 30 Jahre vorher sein Saxophon erfunden. Der war aber Belgier. Die Deutschen wollten ihr eigenes Holzblasinstrument, das auch gefälligst von Deutschen erfunden sein sollte. Und wegen seines hornartigen Klanges für die gute deutsche Marschmusik tauglich ist. Traditionell ganz aus Holz.
War das Oktavin erfolgreich?
Große Erfindungen wie das Klavier oder Saxophon waren aus einer Notwendigkeit heraus entstanden. Die Musikwelt brauchte etwas Neues. Deutlich wird das am Klavier: der Spieler war nun dazu in der Lage, die Tonhöhe zu bestimmen. Mit anderen Tasteninstrumenten wie Cembalo oder Orgel nicht ohne weiteres möglich. Andere Instrumente wurden erfunden, weil sie aus der Masse hervorstachen. Diese schafften es selten zu Beliebtheit.
Das Oktavin ist aus ideologischen Gründen heraus entstanden. Es kann ja nicht sein, dass die Deutschen sich mit der Erfindung eines Belgiers (Saxophon) oder eines Engländers (Klarinette) zufrieden geben mussten! Das Instrument war aber weder etwas Neues, noch brauchte es irgendwer. Kein Wunder, dass es nie weit verbreitet gewesen. Auch der Werbename für das Oktavin (Deutsches Saxophon) war einfallslos, konnte also kaum jemanden hinter dem Ofen hervorlocken.
Heute gibt es einige Liebhaber des Holzblasinstruments. Es sticht ja doch heraus, wenn man es neben ähnliche Blasinstrumente stellt.
Kompositionen für das Oktavin
Hier müssen wir differenzieren. Und zwar zwischen Instrumenten, die tatsächlich ausdrücklich für das Oktavin geschrieben wurden und solchen, die durch dieses Instrument ersetzt werden können.
Sonate von Jeff Britting: Britting zählt zu den Objektivisten, die die Welt nur mit Logik erfassen wollen. Das spiegelt sich in seiner Musik wieder. Britting ist in seinem Leben auch als Filmproduzent und Schriftsteller tätig gewesen. Seine musikalischen Werke werden nur von wenigen beachtet. Ohnehin schloss er sein Oktavinen-Werk mittlerweile wieder von der Veröffentlichung aus.
12 Duos für zwei Hörner (Wolfgang Amadeus Mozart): Hier fügt sich das Oktavin gut als erstes, hohes Horn ein. Als zweites eignet sich das tiefere Serpent. Nun ist das Oktavin kein Horn, Mozart schrieb das zwölfsätzige Stück vermutlich für zwei Waldhörner. Er notierte aber kein Instrument.
Viele Klarinetten- und Oboen-Stücke lassen sich auf dem Instrument spielen. Aber mehr Oboen-Stücke, für manche Klarinetten reicht der Tonumfang dann doch nicht. Hör dir erst das entsprechende Stück an, das du auf der Oktavine spielen willst. Überlege dir, ob der hohe Klang zur Melodie passt.